2. Dyke March Lüneburg 2023

Auf dem ersten Dyke March hatte ich am Sande einen kleinen Beitrag gemacht. Hier folgt meine Rede auf dem zweiten Dyke March:

Am Donnerstag war ich als Zeitzeugin bei einem lesbischen Filmproduktionsteam eingeladen und im Anschluss sprachen wir über unsere Erfahrungen als ältere Frauen. Eine Lesbe erzählte, wie sie in der Hamburger Frauenkneipe Mitte der 80er Jahre nicht bedient wurde, weil sie lange Haare hatte. Ich selber wurde dort rausgeschmissen, weil ich eine junge trans Frau war. Wir beide waren nur noch ein einziges Mal danach dort, beide mit Freundinnen. Mein Lebensgefährte hat als Junglesbe übrigens eine vergleichbare Erfahrung in der Lesbengruppe des mhc gemacht. 

Für uns alle hatte diese Erfahrung gravierende Folgen, wir hielten uns von da an, aus diesen lesbischen Strukturen fern.

Alter Kran

Was ist eine Lesbe? Was ist eine Frau? 

Darüber haben wir keine Einigkeit, es gibt darüber kein gemeinsames Verständnis. Nicht einmal die Wissenschaft liefert einfache Antworten. 

Trotzdem geben sich einige von uns einfache Antworten. Sich selber Antworten zu geben, auch einfache, ist das Recht von jeder von uns.

Aber!

Diese Antworten schließen eine große Gruppe Lesben und Frauen aus. 

Es diskriminiert, es hinterlässt lebenslange Verletzungen, lebenslange Narben, die sich nicht mehr ganz heilen lassen. Die wir in uns tragen und in unsere Beziehungen nehmen und die uns manchmal einsam machen. 

Das sind die Verletzungen, die wir uns gegenseitig zufügen und die sind deshalb besonders schlimm, weil wir uns so nahe stehen.

Deshalb stehen wir, die trans Community, solidarisch hinter den Forderungen von dyke march germany:

– Mehr Sichtbarkeit der vielfältigen Lesben und frauenliebenden Frauen, Lesben, inter, nicht binäre, trans und agender Menschen (FLINTA) ohne stereotypische Zuordnungen und Beschreibungen.

– Mehr Raum und Räume für Lesben* in der queeren Szene

– Aktive Prävention, Sichtbarmachung und aktiver Schutz von Gewalt, Hassverbrechen und sexualisierte Gewalt gegen FLINTA.

– Solidarisches Einstehen unter FLINTA füreinander und gegenseitiges Empowerment: Lesben und FLINTA, verbündet euch und lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen!

Je mehr lesbische Sichtbarkeit, desto besser!

L withthe T – not a debate

ALL DYKES* ARE BEAUTIFUL

Kalkbruchsee

Der Kalkbruch in Lüneburg bei der Straße Volgershall war seit ca. 1900 in Betrieb. Hier wurde Kalk zur Zementverarbeitung in der Fabrik am Schnellenbergerweg/Grasweg abgebaut. Dorthin wurde er mit einer Kleinbahn gebracht, die parallel zur Jägerstraße verlief, vorbei am Eiskeller und am Kolk.

Der Bahndamm an der Jägerstraße.

Die Loren wurden mit einer Seilzuganlage nach oben gezogen. Die Straße nach Reppenstedt wurde durch einen Posten mit einer Fahne gesichert. Am Wochenende nutzte die ortsansässige Jugend eine Lore ohne Kippe und das beachtliche Gefälle Richtung Grasweg, um sich im Eisenbahnfahren zu üben. Dabei wurden erstaunliche Geschwindigkeiten erzielt.

Die versunkene Rampe 1987

Am Grund befand sich eine Arbeiterbude, in der sich der Sprengstoff befand. Es gab keine festen Gebäude im Zusammenhang mit der Anlage, bis auf eine Trafostation, deren Reste noch jahrelang im Gesträuch des Hügels an der östlichen Seeseite zu finden waren.

Mitte der 50er Jahre wurde der Betrieb aufgegeben. Die Gleise befinden sich noch heute am Grund des Sees, in 30m Tiefe. Bis heute gibt es noch einen betonierten Weg, der im See verschwindet.

Betonrampe zum See 1987

Der See diente in den Jahren danach als beliebter Freizeit- und Erholungstreffpunkt. Seit 1983 ist der See im Privateigentum des Lüneburger Angelsportvereins. Dieser hat den See im Sommer 2006 vor der Öffentlichkeit vollständig gesperrt.  Ein aggressiver Sicherheitsdienst patrouilliert, damit keine Badenden in den See gelangen. 

Kalkbruch 1987

Panzerstraße Lüneburg

Die Panzerbrigade 8 mit Namen „Lüneburg“ der 3. Panzerdivision des Heeres der Bundeswehr war in Lüneburg von 1959 bis 1993 stationiert. Der Stab war in der Theodor-Körner-Kaserne, Bleckeder Landstraße 59, stationiert. Die zahlreichen Panzerbataillone wie die 81, 83, 84 waren allerdings in der Schlieffen-Kaserne stationiert. Sie lag stadteinwärts ebenfalls an der Bleckeder Landstraße. In Betrieb waren dort die Kampfpanzer M 48A2C, ab 1966 der Leopard 1 und seit 1979 der Leopard 2.

Die Panzer fuhren bis zum Bau der Ortsumgehung 1985 auf einer unbefestigten Panzerstraße. Sie führte von der Bleckeder Landstraße, wo heute die Trasse der Ostumgehung läuft, am Stadtteil Kaltenmoor vorbei, durch den Tiergarten zum Standortübungsplatz Wendisch-Evern. Ihre Länge betrug ca. 7-8 km. Ihr Betrieb dauerte bis Ende der 80er Jahre. Heute erinnert nicht mehr viel an diesen schmutzigen und lauten Teil Lüneburger Geschichte. Zum Teil ist sie überbaut durch den neuen Stadtteil Bülows Kamp oder renaturiert.

Der Standortübungsplatz mit etwa 750 ha Grundfläche liegt südlich der Ortschaft Wendisch-Evern. Er wurde seit Ende des 19. Jahrhunderts genutzt. Am Nordrand des Platzes befindet sich der Timeloberg. Hier wurde am 4. Mai 1945 die Teilkapitulation der Wehrmacht unterzeichnet. Deshalb bekam der Übungsplatz den Namen des Hügels “Victory Hill”.

Meine Großeltern wohnten im Stadtteil Kaltenmoor. Die Panzer fuhren zu jeder Tageszeit und das unvorstellbar laute Motorengeräusch hallte stundenlang durch die gesamte Siedlung. Vor allem wenn die Panzer nachts von der Übung zurück kamen, wurde die ganze Siedlung geweckt. Von beiden Wohnungen meiner Großmutter war die Panzerstraße einzusehen. In ihrer letzten Wohnung allerdings nur die Querung an der Konrad-Adenauer-Straße. Die Panzer gruben die Panzerstraße wellenförmig auf, so dass es aussah, als wenn sie durch eine aufgewühlte See fahren mussten.  

Wer die Panzer gehört hat und keine Angst bekam, hat nie Panzer gehört.

Kolk

Der Kolk ist ein ehemaliger Kalkbruch bei der Jägerstraße in Lüneburg. Er befindet sich heute in Privatbesitz und ist öffentlich nicht zugänglich.

Der Teich war die Badeanstalt der ortsansässigen Kinder aus dem Grimm und der Jägerstraße. Dort brachten sie sich nach dem 2. Weltkrieg gegenseitig Schwimmen bei, ohne elterliche Aufsicht. Im Süden, rechts vom heutigen Badesteg, war eine kleine Bucht, in der man 3-4m weit im Wasser stehen konnte. Der See ist mutmaßlich 50 m tief, ertrunken ist allerdings niemand.

Der Kolk

Das erste Ziel war der “kleine Felsen” in ca. 10m Entfernung Richtung Nordost. Nachdem das erschwommen war, wurde der “große Felsen” als Ziel erwählt, er lag ca. 10m weiter links. Wer das erreicht hatte, konnte schwimmen. Die folgende Mutprobe bestand darin, von der “kleinen Bucht” nordöstlich, um die Landzunge, den See zu durchschwimnen.

Blick vom „großen Felsen“

Sprünge wurden vom “kleinen” und “großen Felsen” unternommen. Beim “großen Felsen” waren 3 m Tiefe und eine Schräge zu überspringen, das war nur etwas für trainierte und mutige Kinder. Mein Vater neigte am “großen Felsen” zur Zurückhaltung.

Im Westen liegen Loren der alten Kalkbahn. 1945 haben englische Besatzungssoldaten einen nagelneuen PKW aus Jux im See versenkt, der liegt heute dort in 50m Tiefe. Südöstlich lag ein zweiter, kleinerer See. Der war schlecht zugänglich und wurde später zugeschüttet.

Schild

Nordöstlich liegen die heute zugewachsenen “2 Berge”, die damals im Winter den Jägerstraßen Kindern als Rodelbahn dienten. Die englischen Besatzungssoldaten hatten beim Eiskeller ein Camp und nutzten die “2 Berge” für Übungsfahrten mit ihren Motorrädern. Die Kinder freuten sich über Weißbrot mit Marmelade, die sie gelegentlich von den Soldaten bekamen.

Jägerstraße in den 40er

Die Jägerstraße in Lüneburg war in den 1940gern die letzte Straße am westlichen Stadtrand Richtung Reppenstedt. Mein Vater wuchs im Haus 101, heute 24, auf. Oben rechts im 2. Stock lag die 3 Zimmer Wohnung ohne Bad. Das Kinderzimmer ist das 1 Fenster ganz rechts, neben dem Wohnzimmer zur Straße, das Elternschlafzimmer und die Küche zum Hof.

Die Toilette lag auf dem Hof, der später durch einen dunklen Keller zu erreichen war. In den 40ern gab es eine Außentreppe. An der Wohnung sind an der Hofseite zwei Stahlbolzen mit Rädern eingemauert. Oma Martha spannte dazwischen eine Wäscheleine und trocknete dort ihre Wäsche.

Heute liegt das Haus mitten in einem Wohngebiet. Noch in den 70gern hatte man von da einen unverbauten Blick über endlose Felder, Freiraum für kindliche Phantasie.

Zwischen einer Feldbahn und der Kopfsteinpflasterstraße lag eine Kleingartenanlage, in der meine Großmutter eine Knöterich Laube hatte. Sie pflanzte dort Kartoffeln, Bohnen und Salat. In dem Bild ganz rechts lag die Laube, die ich als Kind noch erlebte.

Vom Kalkbruch führte die Feldbahn unmittelbar an der Straße entlang zum Schildsteinweg. Die Feldbahn wurde nach dem Krieg von den Kindern zum Entgleisen gebracht, die Arbeiter schaufelten einen ganzen Tag, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Von der Dampflok sammelten die Anlieger Briketts, um Feuermaterial zu haben. 

Im Winter wurde aus dem Jägerteich Eis geschnitten und in einen nahem Kühlkeller gebracht. Im Sommer diente das Eis der Lüneburger Kronen Brauerei zum Kühlen.

Oma Martha sang mir jeden Abend Johannes Brahms Wiegenlied: “Guten Abend, gut’ Nacht, mit Rosen bedacht, mit Näglein besteckt, schlupf unter die Deck: Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt.” vor. Damit jagte sie mir unwissentlich und regelmäßig einen gehörigen Schrecken ein, denn Gottes guten Willen war ich mir nicht sicher.

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